Hausschuhe konnte ich schon als Kind nicht ausstehen, ständig musste ich sie anziehen und wusste nicht warum. Im Nachhinein habe ich sogar erfahren, dass wir im Besitz einer
" GANZHAUSFUßBODENHEIZUNG " waren. Obwohl ich aus der Montessori Pädagogik komme und die Natur wirklich sehr, sehr liebe, gibt es einen Spruch den ich weder nachvollziehen kann noch ernst nehme. Im Laufe der Jahre haben ihn mittlerweile alle Erzieherinnen und Pädagogen des Landes ( außer mir ) auswändig gelernt und meistens kommen sie sich bei der Anwendung immer ganz besonders schlau vor, warum erfahrt ihr später.
Die Situatuion ist dann meistens die, dass es draußen regnet, kalt und eklig ist.
Der Wind, der das ganze noch abrundet, ist noch kälter, noch nasser und noch ekliger.
( Um mich später nicht rechtfertigen zu müssen, hier nochmal: Ich sprechen nicht von ein bisschen Niesel Wetter oder grauen Wolken die in kühler Luft stehen, sondern von richtig, richtig ekligem, nassen, Regenwetter mit Wind und noch mehr Wind! )
Du kommst als Mutter also in die Krippe oder in den Kindergarten und fragst, ob sie heute mit den Kindern rausgehen. Abgesehen davon dass die Antwort immer " ja " sein wird, wirst du sofort kritisch abgescannt, von Erziehern und anderen Müttern die daneben stehen ( und sich insgeheim auch wünschten dass ihr Kind bei dem Mistwetter nicht raus geht, weil beim Abholen das ganze Auto hinten versaut ist ). Und dann kommt er, der obligatorische Pädagogen Satz, der in keiner Einrichtung fehlen darf:
"
Es gibt kein schlechtes Wetter, es gibt nur schlechte Kleidung ! "
Ich habe für diese Einstellung nichts übrig und wende den Spruch schon allein deswegen nicht an, weil er so destruktiv formuliert ist. Wenn überhaupt, dann es müsste es " Es gibt für jedes Wetter die passende Kleidung " heißen! An alle Pädagogen und Kinder-Begleitungs-Wissenschaftler: Unser Unterbewusstsein kennt keine " Verneinungen ". Wenn du einem Kind sagst, es soll den Teller nicht fallen lassen, kommt im Unterbewusstsein " lass den Teller fallen " an. Konstruktiv formuliert wäre dann " Halte den Teller gut fest damit er in deinen Händen bleibt " angebracht, alles klar? Gut.
Zurück zur Wetter Thematik.
Wenn die Mütter dann also anfangen mit den Pädagogen zu diskutieren, verlieren die Mütter immer, weil die Pädagogen dann irgendwann auch erwähnen ( Achtung jetzt kommt der Joker ) , dass das Wetter die Abwehrkräfte stärkt.
Natürlich würde es jetzt keine Mutter auch nur wagen daran zu denken die Abwehrkräfte des eigenen Kindes nicht stärken zu lassen. Darum wird das Kind knappe 3 Stunden später auch mit Matschhose, Jacke, Mütze und Gummistiefel auf dem Kindergarten Gelände stehen, in der linken Hand einen Eimer, in der Rechten einen kleinen plasik Spaten und während Windböhen und eiskalter Regen in sein Gesicht peitschen, so tun als hätte es Spaß daran Pfützenwasser einzusammeln und Regenwürmer zu zerlegen. Die Abwehrkräfte hat es übrigends vergessen mit einzusammeln, in spätestens einer Woche ist erst mal Schnupfen und Grippe angesagt - bei der Hälfe aller Kinder und Erzieherinnen auch. " Da geht grad ein Virus rum, es sind eh alle krank ", sagen die Pädagogen dann am Telefon.
Ich musste als Kind auch immer mit raus gehen, außer wenn es geblitzt oder gehagelt hat, dann dürfen Pädagogen die Kinder nicht mehr rausschicken weil es dann zu gefährlich wird. Die Möglichkeit dass ein Kind vom Blitz getroffen oder von Hagelkörnern erschlagen wird ist anscheinend höher als die wahrscheinlichkeit Abwehrkräfte zu stärken, darum bleiben die Erzieherinnen mit den Kindern drinnen und machen ein tolles Angebot wie singen oder basteln oder Stuhlkreis und lustige Spiele.
Es ist nur eine vage Vermutung, aber ich glaube dass ich Hausschuhe intuitiv nicht ausstehen konnte, weil ich gelernt habe dass an der " zieh dich warm an, damit du nicht krank wirst " Theorie nicht so viel dran war wie alle meinten. Ich zog daheim ganz brav meine Hausschuhe an um keine kalten Füße zu bekommen und musste im Kindergarten bei jedem Regenwetter 2 Stunden in der Kälte verharren um Abwehrkräfte zu sammeln. Krank bin ich trotzdem dauernd gewesen, genauso wie alle Andren.
Ich hatte also nie besonders viel für Hausschuhe übrig, bis zu dem Tag als meine Schwester anfing Hausschuhe selbst herzustellen. Als sie mir das am Telefon erzählte, dachte ich sofort an diese plumpen und aus dunklen Farben gefilzten Schuhe die immer aussehen wie viel zu große Hüttensocken. Umso mehr war ich überrascht als ich ihre Schuhe zum ersten mal sah: Filigrane, hübsche, pastellfarbige Ballerinas, mit kleinen dezenten Schleifchen, Murmeln, Muscheln, Knöpfen oder anderen Accessoires welche die Schuhe nochmal aufhübschen. Ich durfte mir sofort welche aussuchen und war total glücklich über meine neuen, schönen gefilzten Ballerina Hausschuhe.
So glücklich, dass ich sie nicht mehr ausgezogen habe. Dies war der Tag, an dem ich anfing Hausschuhe zu lieben und zu tragen. Mittlwerweile werden sie in einem kleinen Laden in Tutzing verkauft,
Handarbeiten Stadler , heißt der.
Jedes paar Schuhe, für Kinder und Erwachsene, ist ein Unikat und kann individuell gestaltet werden. Für große Jungs und Papis macht sie natürlich keine Ballerinas, die bekommen dann eine maskuline Form, also ohne den Ballerina-Schnitt. Die Schuhe gehen weg wie warme Semmeln, vor allem die Kinderschuhe, alles was Augen hat ist der Renner. Ich freue mich richtig für meine Schwester und auch für mich und meine Familie, jeder darf die schönen Hausschuhe tragen oder auch nicht,wie wir Lust haben. Vor allem tragen wir sie ( oder auch nicht ) wenn es draußen stürmt und regnet, dann bleiben wir nämlich drinnen und kuscheln, oder gucken einen Film, oder musizieren oder trinken einen Kakao oder basteln Weihnachtssterne oder stärken unsere Abwehrkräfte, zum Beispiel mit einer heißen, frischen Kürbissuppe :)
